KurzInfo: Candida auris

Aktualisierung 9/2019

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DOI: 10.4126/FRL01-006416490

An der Erstellung dieser Stellungnahme haben mitgewirkt:

Prof. Dr. med. Oliver Kurzai, Dr. Grit Walther, NRZ für Invasive Pilzinfektionen NRZMyk, Hans-Knöll-Institut, 07745 Jena (Koordination) und Lehrstuhl für Medizinische Mikrobiologie und Mykologie, Universität Würzburg, 97080 Würzburg
Prof. Dr. med. Oliver Cornely, ECMM Excellence Center, Uniklinik Köln, 50931 Köln
Prof. Dr. med. Axel Hamprecht, ECMM Excellence Center, Uniklinik Köln, 50931 Köln und Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, 26129 Oldenburg
Prof. Dr. med. Cornelia Lass-Flörl, Nationale Referenzzentrale für Aspergillus und Aspergillusinfektionen, 6020 Innsbruck
PD Dr. med. Volker Rickerts, Dr. Tim Eckmanns, FG 16&37, Robert Koch-Institut, 13353 Berlin
Prof. Dr. med. Birgit Willinger, Nationale Referenzzentrale für Hefen- und Schimmelpilzinfektionen, 1090 Wien

Hintergrund:

Candida auris wurde 2009 erstmals als Erreger einer Otomykose in Japan beschrieben [1]. Seitdem wurde C. auris aus unterschiedlichen klinischen Materialien nachgewiesen, sowohl als Erreger invasiver Infektionen als auch als Besiedler [2, 3]. Fälle von C. auris Infektionen und Nachweise mit unklarer klinischer Relevanz wurden an einigen Orten gehäuft beobachtet [4-8]. Vom European Center for Disease Control and Prevention ECDC wurden im Zeitraum 2013-2017 insgesamt 620 Nachweise von C. auris in Europa berichtet. In 466 Fällen (75.2%) handelte es sich dabei um Kolonisierungen, bei 144 Patienten (24,8%) lag eine Infektion vor. Die Mehrzahl der Fälle stammt aus Großbritannien und Spanien, die von Ausbruchsgeschehen betroffen waren und in denen teilweise umfangreiche Screenings durchgeführt wurden [9]. In den USA wurden bis September 2019 von den Centers for Disease Control and Prevention (CDC) 799 C. auris Infektionsfälle und 1540 kolonisierte Patienten in 13 Staaten erfasst [6]. Die CDC stufen C. auris als ernste Bedrohung ein. In den USA wurde eine Meldepflicht für den Nachweis von C. auris eingeführt. Weltweit kommen fünf genetische Untergruppen („clades“) von C. auris vor, die sich genetisch erheblich unterscheiden und unterschiedliche geographische Verteilungen aufweisen [10, 11].

Situation in Deutschland und Österreich:

Zum jetzigen Zeitpunkt (September 2019) wurde C. auris in Deutschland in zehn Einzelfällen nachgewiesen. Die Mehrzahl dieser Isolate wurde bei Patienten gefunden, die unmittelbar aus einem Krankenhaus in einer Hochprävalenzregion (Südafrika, arabische Halbinsel) in deutsche Krankenhäuser verlegt wurden [12].
Aus Österreich ist zum jetzigen Zeitpunkt ein Nachweis von C. auris bekannt [13].
C. auris kann sich nosokomial in Mustern ausbreitet, die vergleichbar zur Übertragung von MRSA sind. Deswegen, und aufgrund der nach den verfügbaren MHK-Daten eingeschränkten Therapieoptionen und der Fähigkeit des Erregers, invasive Infektionen zu verursachen, sollten vorhandene Fälle möglichst frühzeitig korrekt identifiziert und zentral erfasst werden. Nur so ist eine kontinuierliche Neubeurteilung der epidemiologischen Situation in Deutschland und Österreich möglich.

Diagnostik:

Typischerweise wächst C. auris auf CHROMagar™ nach längerer Inkubationszeit leicht rötlich bis pink, bildet ovale Sprosszellen und wächst bei 37°C und – im Gegensatz zu den verwandten Arten des C. haemulonii Komplexes – bei 42°C.

Die Identifizierung mit massenspektrometrischen Verfahren gelingt mit dem Bruker Biotyper 3.1. und dem Vitek MS System [2], jedoch nur, wenn die neuesten Datenbanken installiert sind. Von den fünf bekannten genetischen Untergruppen von C. auris sind jedoch nicht alle ausreichend in den derzeitigen Datenbanken repräsentiert, so dass einige Isolate auch mit MALDI-TOF nicht zweifelsfrei identifiziert werden können.

Bei der Verwendung von biochemischen Verfahren kann es zu Fehlidentifizierungen von C. auris – insbesondere als Candida haemulonii, Rhodotorula glutinis oder Saccharomyces cerevisiae aber auch andere Arten kommen [2,7]. Das aktuelle Vitek 2 System ist prinzipiell in der Lage, C. auris zu identifizieren. Allerdings kam es in einer Studie zu einer erheblichen Rate an unsicheren oder falschen Identifizierungen (Fehlidentifizierungen als Candida duoboshaemulonii oder Candida duoboshaemulonii/Candida lusitaniae) [14]. Der Nachweis von C. duoboshaemulonii sollte daher in jedem Fall mit einer zuverlässigen Methode überprüft werden.

Mit Hilfe molekularbiologischer Verfahren (z.B. Sequenzierung der ITS1/2 Regionen) gelingt die Identifizierung zuverlässig.

In einem nationalen Ringversuch 2018 (INSTAND, Deutschland) waren 85% der 233 teilnehmenden Labors in der Lage, C. auris korrekt zu identifizieren. In 22 Fällen (9,4%) kam es zu einer Fehlidentifizierung als C. haemulonii oder C. haemulonii-Komplex (Ergebnismitteilung, Prof. G. Haase, Aachen). Der Nachweis von C. haemulonii (-Komplex) sollte daher in jedem Fall durch eine molekulare Speziesidentifizierung oder eine Speziesbestimmung von den Referenzlabors überprüft werden.

Resistenz und Therapie:

Es existieren keine Breakpoints für die Interpretation der Resistenztestung von C. auris. Eine Referenztestung wird an den Referenzlabors kostenfrei angeboten.

C. auris zeigt häufig hohe minimale Hemmkonzentrationen (MHKs) für verschiedene Antimykotika. Über 80% der bekannten Isolate wiesen hohe MHKs für Fluconazol auf und 50% hohe MHKs für Voriconazol [2, 6].

Ein Drittel der Isolate zeigte Amphotericin B MHKs von > 2 μg/ml. Die CDC empfehlen aktuell, solche Stämme als resistent zu betrachten. Die klinische Relevanz einer Amphotericin B MHK von 2 μg/ml im Hinblick auf einen Therapieerfolg ist jedoch unklar.

Eine steigende Zahl von C. auris Isolaten weist erhöhte MHKs für Echinocandine auf [6]. Diese Isolate zeigen auch typische Mutationen im FKS-Gen und sollten somit als Echinocandin-resistent betrachtet werden (Kreuzresistenz gegen alle Echinocandine). In Deutschland ist bisher ein Echinocandin-resistentes C. auris Isolat aufgetreten.

Hygienemaßnahmen:

Bei einem Nachweis von C. auris wird empfohlen, umgehen geeignete Hygienemaßnahmen einzuleiten. Die Ausbreitung von C. auris erfolgt nach aktuellem Kenntnisstand insbesondere über Kontakt (direkt und indirekt). Eine besondere Rolle spielen dabei Medizinprodukte sowie Gegenstände und Flächen in
der Umgebung von Patienten. Die empfohlenen Maßnahmen entsprechen im Wesentlichen den Hygienemaßnahmen, die für MRSA kolonisierte Patienten etabliert sind:

  • Unterbringung kolonisierter oder infizierter Patienten im Einzelzimmer (ggf. Kohortierung)
  • Tragen zusätzlicher Schutzkleidung bei Patientenkontakt (Einmalhandschuhe, Schutzkittel)
  • Desinfektion des Zimmers nach Entlassung des Patienten mit geeigneten Desinfektionsmitteln. In der Literatur finden sich Hinweise auf eine erhöhte Resistenz von C. auris gegen Desinfektionsmittel (insbesondere quaternäre Ammoniumverbindungen [QAVs]). Die reduzierte Wirkung wässriger QAV Zubereitungen ist jedoch nicht auf C. auris beschränkt, sondern betrifft auch andere Candida spp. Zudem kann die Wirksamkeit in einer Kombination mit anderen Substanzklassen (z.B. Alkohole) durchaus gegeben sein. Zahlreiche weitere Substanzklassen (Desinfektionsmittel / Antiseptika) sind in vitro ebenfalls gegen C. auris wirksam [6, 15, 16]. Sowohl die CDC als auch das ECDC empfehlen aufgrund der zum Teil erheblichen Kontamination der Patientenumgebung mit C. auris die Verwendung sporozider (d.h. gegen Clostridium-Sporen wirksamer) Mittel.
  • Screening direkter Kontaktpatienten (analog zu MRSA) zumindest mit Abstrichen von Leiste und Axilla.

Angebote der Referenzlabors in Deutschland und Österreich:

In den Referenzlabors werden in Verdachtsfällen eine molekulare Speziesidentifizierung sowie eine Referenztestung mittels EUCAST Mikrodilution kostenfrei angeboten. Insbesondere wird dies in den folgenden Fällen empfohlen:

  • Nachweis von Candida haemulonii oder Candida haemulonii-Komplex oder Candida duoboshaemulonii.
  • Nachweis von atypischen Rhodotorula glutinis, Saccharomyces cerevisiae oder seltenen / nicht identifizierbaren

Hefen, die mittels biochemischer Verfahren bestimmt wurden, insbesondere bei Patienten mit Kontakt zum Gesundheitssystem in Regionen mit gehäuftem Auftreten von C. auris (z.B. Süd-/Ost-Asien, arabischer Raum)
In den Referenzlabors besteht die Möglichkeit einer Subtypisierung von C. auris. Alle C. auris Stämme, die an die Referenzlabors geschickt werden, werden in den jeweiligen Stammsammlungen asserviert und stehen so für epidemiologische Analysen zur Verfügung.

Zuständige Referenzlabors:

D: Nationales Referenzzentrum für Invasive Pilzinfektionen NRZMyk, Leibniz Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie – Hans-Knöll-Institut, Adolf-Reichwein-Str. 23, 07745 Jena (www.nrzmyk.de)

A: Nationale Referenzzentrale für Hefen- und Schimmelpilzinfektionen, Klinisches Institut für Labormedizin, Abteilung für Klinische Mikrobiologie, Medizinische Universität Wien, Währinger Gürtel 18-20/ 5P, 1090 Wien

Für die Beratung zu klinischen Entscheidungen und zur Differentialtherapie kann auch das Europäische Exzellenzzentrum für invasive Mykosen, Universitätsklinik Köln, Klinik I für Innere Medizin/Infektiologie, (über oliver.cornely@uk-koeln.de) kontaktiert werden.

Maßnahmen und Empfehlungen:

  • Wir empfehlen eine erhöhte Aufmerksamkeit und eine Information des diagnostischen Personals über Candida auris.
  • Wir bitten darum, alle isolierten Candida auris Stämme sowie alle aus klinischen Materialien isolierten und für Candida auris verdächtigen Stämme (vgl. oben) an die nationalen Referenzlabors zu senden.
  • Beim Nachweis von Candida auris in Deutschland sollten umgehend Hygienemaßnahmen analog zu MRSA eingeleitet werden. Beim Auftreten von mehreren Fällen wird empfohlen, umgehend mit dem NRZMyk Kontakt aufzunehmen. Meldepflichten nach §6(3) oder auch §7(2) Infektionsschutzgesetz (IfSG) sind zu beachten.
  • Zur Behandlung von Candida auris Infektionen sollten wenn möglich Echinocandine eingesetzt werden. Insgesamt ist der überwiegende Teil der bekannten Isolate von Candida auris sensibel gegenüber Echinocandinen. Da jedoch in Einzelfällen Stämme mit erhöhter MHK für Echinocandine gefunden wurden, wird die Durchführung einer Resistenztestung empfohlen.

Detaillierte Empfehlungen werden ständig aktualisiert von den CDC (über https://www.cdc.gov/fungal/candida-auris/index.html). Das ECDC hat unter Mitwirkung des NRZMyk ein rapid risk assessement (https://ecdc.europa.eu/sites/portal/files/documents/RRA-Candida-auris-European-Union-countries.pdf) publiziert.
Für weitere Rückfragen stehen die Referenzlabors sowie die an der Erstellung dieser Information beteiligten Partner gerne zur Verfügung.

Stand: 23.9.2019 – Bitte beachten Sie, dass sich die Informationen zu Candida auris rasch ändern können – der aktuelle Stand kann über die genannten Ansprechpartner erfragt werden!

Literatur:
1. Satoh, K., et al., Candida auris sp. nov., a novel ascomycetous yeast isolated from the external ear canal of an inpatient in a Japanese hospital. Microbiol Immunol, 2009. 53(1): p. 41-4.
2. Bidaud, A.L., A. Chowdhary, and E. Dannaoui, Candida auris: An emerging drug resistant yeast - A mini-review. J Mycol Med, 2018. 28(3): p. 568-573.
3. Forsberg, K., et al., Candida auris: The recent emergence of a multidrug-resistant fungal pathogen. Med Mycol, 2019. 57(1): p. 1-12.
4. Chowdhary, A., et al., Multidrug-resistant endemic clonal strain of Candida auris in India. Eur J Clin Microbiol Infect Dis, 2014. 33(6): p. 919-26.
5. Schelenz, S., et al., First hospital outbreak of the globally emerging Candida auris in a European hospital. Antimicrob Resist Infect Control, 2016. 5: p. 35.
6. Abdolrasouli, A., et al., In vitro efficacy of disinfectants utilised for skin decolonisation and environmental decontamination during a hospital outbreak with Candida auris. Mycoses, 2017. 60(11): p. 758-763.
7. Eyre, D.W., et al., A Candida auris Outbreak and Its Control in an Intensive Care Setting. N Engl J Med, 2018. 379(14): p. 1322-1331.
8. Ruiz-Gaitan, A., et al., An outbreak due to Candida auris with prolonged colonisation and candidaemia in a tertiary care European hospital. Mycoses, 2018. 61(7): p. 498-505.
9. Kohlenberg, A., et al., Candida auris: epidemiological situation, laboratory capacity and preparedness in European Union and European Economic Area countries, 2013 to 2017. Euro Surveill, 2018. 23(13).
10. Lockhart, S.R., et al., Simultaneous Emergence of Multidrug-Resistant Candida auris on 3 Continents Confirmed by Whole-Genome Sequencing and Epidemiological Analyses. Clin Infect Dis, 2017. 64(2): p. 134-140.
11. Chow, N.A., et al., Potential Fifth Clade of Candida auris, Iran, 2018. Emerg Infect Dis, 2019. 25(9): p. 1780-1781.
12. Hamprecht, A., et al., Candida auris in Germany and Previous Exposure to Foreign Healthcare. Emerg Infect Dis, 2019. 25(9): p. 1763-1765.
13. Pekard-Amenitsch, S., et al., Isolation of Candida auris from Ear of Otherwise Healthy Patient, Austria, 2018. Emerg Infect Dis, 2018. 24(8): p. 1596-1597.
14. Ambaraghassi, G., et al., Identification of Candida auris using the updated 8.01 VITEK(R)2 yeast identification system: a multi-laboratory evaluation study. J Clin Microbiol, 2019.
15. Rutala, W.A., et al., Susceptibility of Candida auris and Candida albicans to 21 germicides used in healthcare facilities. Infect Control Hosp Epidemiol, 2019. 40(3): p. 380-382.
16. Moore, G., et al., Yeasticidal activity of chemical

 

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