Kurzinfo: Candida auris

Stellungnahme zur Situation in Deutschland und Österreich und aktuelle Empfehlungen

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An der Erstellung dieser Stellungnahme haben mitgewirkt:

Prof. Dr. med. Oliver Kurzai, Dr. Grit Walther, NRZ für Invasive Pilzinfektionen NRZMyk, Hans-Knöll-Institut, 07745 Jena (Koordination) und Lehrstuhl für Medizinische Mikrobiologie und Mykologie, Universität Würzburg, 97080 Würzburg

Prof. Dr. med. Oliver Cornely, PD Dr. med. Axel Hamprecht, ECMM Excellence Center, Uniklinik Köln, 50931 Köln

Prof. Dr. med. Cornelia Lass-Flörl, Nationale Referenzzentrale für Aspergillus und Aspergillusinfektionen, 6020 Innsbruck

PD Dr. med. Volker Rickerts, Dr. Tim Eckmanns, FG 16&37, Robert Koch-Institut, 13353 Berlin

Prof. Dr. med. Birgit Willinger, Nationale Referenzzentrale für Hefen- und Schimmelpilzinfektionen, 1090 Wien

Die 2009 erstmals beschriebene Art Candida auris ist resistent gegenüber Fluconazol und kann im Rahmen nosokomialer Ausbrüche übertragen werden und invasive Infektionen verursachen. Die Identifizierung von C. auris in Routinelabors ist nach wie vor schwierig. Diese Kurzinformation stellt den aktuellen Stand des Wissens dar und fasst die wesentlichen Empfehlungen der Referenzlabors in Deutschland und Österreich zu Nachweis und Management von C. auris zusammen.

Hintergrund

Candida auris wurde 2009 erstmals als Erreger einer Otomykose in Japan beschrieben [1]. Seitdem wurde C. auris aus unterschiedlichen klinischen Materialien nachgewiesen, sowohl als Erreger invasiver Infektionen als auch als Besiedler [2]. Fälle von C. auris Infektionen und Nachweise mit unklarer klinischer Relevanz wurden an einigen Orten gehäuft beobachtet [2-4]. Der größte und bisher am umfangreichsten dokumentierte Ausbruch mit C. auris in Europa ereignete sich 2015/2016 in einer herzchirurgischen Einheit am Royal Brompton Hospital, London [5]. In den ersten 16 Monaten dieses Ausbruchs wurden 50 C. auris Nachweise dokumentiert. In 56% der Fälle (28 von 50) handelte es sich dabei um reine Kolonisation, in 16% der Fälle (9 von 50) um Blutstrominfektionen. Die Erregerisolate waren dabei genetisch sehr eng miteinander verwandt [5]. Alle Isolate waren resistent gegen Fluconazol, aber in der Regel empfindlich gegenüber Echinocandinen. Im Rahmen der Ausbruchsbekämpfung wurde ein Personalscreening durchgeführt. Dabei wurden bei 258 Personen je 5 Abstriche entnommen (Hände, Nase, Axilla, Leiste, Rachen). Insgesamt wurde ein Träger identifiziert (positiver Nasenabstrich, andere Materialien negativ), die betroffene Person hatte jedoch nur zu einem Patienten Kontakt und war nach den epidemiologischen Analysen keine Streuquelle. In den USA wurden bis Mai 2017 von den Centers for Disease Control and Prevention (CDC) 77 Candida auris Fälle in sieben Staaten erfasst [6]. Insbesondere betroffen waren New York (53 Fälle) und New Jersey (16). Screening von Kontaktpatienten (meist Bettnachbarn) identifizierte 45 weitere kolonisierte Patienten (von 390 untersuchten Kontakten). C. auris wurde aus Blut (45 Fälle), Urin (11), Atemwegsmaterial (8), Gallenflüssigkeit (4), Wunden (4), ZVK-Spitze (2), Knochen (1), Ohr (1), und einer Darmbiopsie (1) sowie aus Umwelt- und Umgebungsproben nachgewiesen. 86% der getesteten Isolate waren Fluconazol-resistent, 43% Amphotericin B-resistent, 3% (ein getestetes Isolat) Echinocandin-resistent [6]. Die Informationen der CDC werden auf der Webseite ständig aktualisiert [7]

Diagnostik

Typischerweise wächst C. auris auf CHROMagar™ leicht rötlich bis pink, bildet ovale Sprosszellen und wächst bei 37°C und 42°C, jedoch nicht bei 45°C. Am NRZMyk wurden bisher in zwei Fällen C. auris nachgewiesen. Allerdings ist von einer erheblichen Untererfassung auszugehen. Die Identifizierung mit herkömmlichen Verfahren gelingt zurzeit nur unzureichend. Insbesondere kommt es mit nicht-massenspektrometrischen Verfahren zu Fehlidentifizierungen als Candida haemulonii, Rhodotorula glutinis oder Saccharomyces cerevisiae und anderen Arten [2,7]. Bei Verwendung der vollständigen Analysedatenbanken („research use only“ / „non-FDA approved“) gelingt in der Regel die Identifizierung mit Hilfe der Massenspektrometrie sowohl mit dem Bruker Biotyper 3.1. als auch mit dem Vitek MS System [2], wobei atypische Isolate vorkommen, die in den derzeitigen Datenbanken nur unzureichend repräsentiert sind. Alternativ kann eine molekulare Diagnostik (z.B. durch Sequenzierung des internal transcribed spacers, ITS)) C. auris zweifelsfrei identifizieren.

Resistenz und Therapie

C. auris zeigt häufig hohe minimale Hemmkonzentrationen (MHKs) für verschiedene Antimykotika. Über 80% der bekannten Isolate wiesen hohe MHKs für Fluconazol auf und 50% hohe MHKs für Voriconazol [2, 6]. Ein Drittel der Isolate zeigte Amphotericin B MHKs von > 2 μg/ml, einige wiesen erhöhte MHKs für Echinocandine auf [6]. Die am NRZMyk untersuchten Isolate wiesen in der EUCAST Mikrodilutionstestung ebenfalls hohe MHKs für Anidulafungin (0,5 μg/ml) und Fluconazol (≥64 μg/ml) auf, während andere MHKs nicht sicher auffällig waren (Itraconazol 0,5 μg/ml; Voriconazol 1 μg/ml; Posaconazol 0,03 μg/ml; Amphotericin B 1 μg/ml). Es existieren keine klinischen Breakpoints für die Interpretation der Resistenztestung von C. auris.

Situation in Deutschland und Österreich

Zum jetzigen Zeitpunkt (August 2017) wurde C. auris in Deutschland nur in Einzelfällen nachgewiesen. Dem NRZMyk sind 4 Fälle bekannt, zu denen C. auris-Isolate vorliegen, zudem ein Fall, von dem lediglich mündlich berichtet wurde. Eines dieser Isolate wurde von einer Patientin nach längerem Krankenhausaufenthalt im arabischen Raum importiert. Ein weiterer Fall wurde nach Literaturangaben im Rahmen einer klinischen Studie identifiziert [8]. Ausbrüche durch C. auris oder Übertragungen sind dem NRZMyk in Deutschland bisher nicht bekannt, die Analyse der bekannten Fälle ist jedoch nicht abgeschlossen.

Aus Österreich ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Nachweis von C. auris bekannt.

Publizierte Daten legen jedoch nahe, dass sich C. auris nosokomial in Mustern ausbreitet, die vergleichbar zur nosokomialen Verbreitung von MRSA sind. Deswegen, und aufgrund der nach den verfügbaren MHK-Daten eingeschränkten Therapieoptionen und der Fähigkeit des Erregers, invasive Infektionen zu verursachen, sollten vorhandene Fälle möglichst frühzeitig korrekt identifiziert und zentral erfasst werden. Nur so ist eine kontinuierliche Neubeurteilung der epidemiologischen Situation in möglich.

Angebote der Referenzlabors in Deutschland und Österreich

Zuständige Referenzlabors:

D: Nationales Referenzzentrum für Invasive Pilzinfektionen NRZMyk, Leibniz Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie – Hans-Knöll-Institut, Adolf-Reichwein-Str. 23, 07745 Jena (www.nrzmyk.de)

A: Nationale Referenzzentrale für Hefen- und Schimmelpilzinfektionen, Klinisches Institut für Labormedizin, Abteilung für Klinische Mikrobiologie, Medizinische Universität Wien, Währinger Gürtel 18, 1090 Wien

In den Referenzlabors werden in Verdachtsfällen eine molekulare Speziesidentifizierung sowie eine Referenztestung mittels EUCAST Mikrodilution kostenfrei angeboten. Insbesondere wird dies in den folgenden Fällen empfohlen:

  • Nachweis von (Fluconazol-resistenten) Candida haemulonii, Rhodotorula glutinis, Saccharomyces cerevisiae oder seltenen / nicht identifizierbaren Hefen als Erreger invasiver Infektionen
  • Nachweis von Candida haemulonii, Rhodotorula glutinis, Saccharomyces cerevisiae oder seltenen / nicht identifizierbaren Hefen, die mittels biochemischer Verfahren bestimmt wurden, und in ungewöhnlicher Häufung auftreten
  • Nachweis von Candida haemulonii, Rhodotorula glutinis glutinis, Saccharomyces cerevisiae oder seltenen / nicht identifizierbaren Hefen bei Patienten mit Kontakt zum Gesundheitssystem in Regionen mit gehäuftem Auftreten von C. auris (z.B. Süd-/Ost-Asien, arabischer Raum)

In den Referenzlabors besteht die Möglichkeit, für eine Bestätigung der Identifizierung von C. auris mit molekularen Methoden sowie einer Subtypisierung von C. auris.
Alle C. auris Stämme, die an die Referenzlabors geschickt werden, werden in den jeweiligen Stammsammlungen asserviert und stehen so für epidemiologische Analysen zur Verfügung.

Maßnahmen und Empfehlungen

  • Wir empfehlen eine erhöhte Aufmerksamkeit und eine Information des diagnostischen Personals über Candida auris. Hierzu stellt das NRZMyk auf Nachfrage entsprechende Folien (pdf) für interne Fortbildungszwecke zur Verfügung (Anfrage unter nrzmyk@hki-jena.de).
  • Obwohl Candida auris zurzeit in Deutschland nach den aktuellen Einstufungslisten als Sicherheitsstufe 1 eingestuft wird, empfiehlt das NRZMyk im Umgang mit dieser Art den Sicherheitsbestimmungen für den Umgang mit Erregern der Sicherheitsstufe 2 zu folgen.
  • Wir bitten darum, alle isolierten Candida auris Stämme sowie alle aus klinischen Materialien isolierten und für Candida auris verdächtigen Stämme (vgl. oben) an die zuständigen nationalen Referenzlabors zu senden.
  • Beim Nachweis von Candida auris in Deutschland sind möglicherweise die Meldepflichten nach §6(3) oder auch §7(2) IfSG einschlägig.
  • Zur Behandlung von Candida auris Infektionen sollten, wenn möglich, Echinocandine eingesetzt werden. Insgesamt ist der überwiegende Teil der bekannten Isolate von Candida auris sensibel gegenüber Echinocandinen. Da jedoch in Einzelfällen Stämme mit erhöhter MHK für Echinocandine gefunden wurden, wird die Durchführung einer Resistenztestung mit Referenzmethoden empfohlen.

Für weitere Rückfragen stehen die Referenzlabors sowie die an der Erstellung dieser Information beteiligten Partner gerne zur Verfügung.

Stand: 5.9.2017 – Bitte beachten Sie, dass sich die Informationen zu Candida auris rasch ändern können!

 

Literatur:

[1] Satoh K, Makimura K, Hasumi Y, Nishiyama Y, Uchida K, Yamaguchi H. Candida auris sp. nov., a novel ascomycetous yeast isolated from the external ear canal of an inpatient in a Japanese hospital.Microbiol Immunol. 2009;53(1):41-4.
[2] Chowdhary A, Sharma C, Meis JF. Candida auris: A rapidly emerging cause of hospital-acquired multidrug-resistant fungal infections globally. PLoS Pathog. 2017 May 18;13(5):e1006290.
[3] Chowdhary A, Anil Kumar V, Sharma C, Prakash A, Agarwal K, Babu R, Dinesh KR, Karim S, Singh SK, Hagen F, Meis JF. Multidrug-resistant endemic clonal strain of Candida auris in India. Eur J Clin Microbiol Infect Dis. 2014;33(6):919-26.
[4] Calvo B, Melo AS, Perozo-Mena A, Hernandez M, Francisco EC, Hagen F, Meis JF, Colombo AL. First report of Candida auris in America: Clinical and microbiological aspects of 18 episodes of candidemia. J Infect. 2016 Oct;73(4):369-74.
[5] Schelenz S, Hagen F, Rhodes JL, Abdolrasouli A, Chowdhary A, Hall A, Ryan L, Shackleton J, Trimlett R, Meis JF, Armstrong-James D, Fisher MC. First hospital outbreak of the globally emerging Candida auris in a European hospital. Antimicrob Resist Infect Control. 2016;5:35. eCollection 2016.
[6] Tsay S, Welsh RM, Adams EH, Chow NA, Gade L, Berkow EL, Poirot E, Lutterloh E, Quinn M, Chaturvedi S, Kerins J, Black SR, Kemble SK, Barrett PM; MSD, Barton K, Shannon DJ, Bradley K, Lockhart SR, Litvintseva AP, Moulton-Meissner H, Shugart A, Kallen A, Vallabhaneni S, Chiller TM, Jackson BR. Notes from the Field: Ongoing Transmission of Candida auris in Health Care Facilities - United States, June 2016-May 2017. MMWR Morb Mortal Wkly Rep. 2017 May 19;66(19):514-515.
[7] ]https://www.cdc.gov/fungal/diseases/candidiasis/candida-auris.html
[8] Larkin E, Hager C, Chandra J, Mukherjee PK, Retuerto M, Salem I, Long L, Isham N, Kovanda L, Borroto-Esoda K, Wring S, Angulo D, Ghannoum M. The Emerging Pathogen Candida auris: Growth Phenotype, Virulence Factors, Activity of Antifungals, and Effect of SCY-078, a Novel Glucan Synthesis Inhibitor, on Growth Morphology and Biofilm Formation. Antimicrob Agents Chemother. 2017;61(5). pii: e02396-16.

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